Fliegende Fische?
Wir Menschen ähneln oft fliegenden Fischen: Lauter tolle Hechte, mit sagenhafter Flug-, aber auch grandioser Absturzhöhe! Ja, wir Menschen der westlichen Welt wollen oft genug Über-Flieger sein: Höher, schneller, weiter! Alles verbessern, steigern, erreichen. Nicht nur zum Mond, sondern bis zum Mars. Immer mehr Technik und KI, um die Schwächen der Menschheit zu überwinden!
Unbestritten haben wir auf diese Weise viel erreicht. Doch viele Erfolge waren und sind nur möglich auf der Grundlage von unmenschlicher Härte. Das rächt sich schon seit längerem, mit deutlicher höherer Krisenfrequenz, weltweit. Nicht nur die Natur, auch unzufriedene Menschen schlagen zurück, in jeder Hinsicht.
Ich befürchte, in all dem Streben nach Höherem haben wir unsere „Menschlichkeit“ im eigentlichen Sinne vergessen. Darum ähneln wir fliegenden Fischen: Tolle Hechte mit sagenhafter Flug-, aber auch grandioser Absturzhöhe! Doch eigentlich gehören Fische ins Wasser; nur dort können sie überleben. So auch bei uns Menschen: Unser eigentlicher Lebensraum ist nicht der Technik-Olymp und nicht der Mars, sondern das unspektakuläre Dahinfließen des Lebens auf der Erde.
Hier auf der Erde müssen wir unsere „Menschlichkeit“ bewähren, inklusive Mit-Menschlichkeit, Barmherzigkeit gegenüber unseren Mitmenschen! Wie schon Jesus sagt: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25,40). Nicht im Streben zum immer Höheren, im Demonstrieren all unserer Möglichkeiten, sondern erst im Streben nach Tieferem, nach Glauben, nach Barmherzigkeit verwirklicht und entfaltet sich unser Menschsein ganz.
Der neue Papst Leo XIV meint zurecht, dass viele Krisen unserer Zeit aus einem Mangel an Glauben resultieren. Man könnte auch sagen: Der Glaube soll – wie das Wasser für die Fische – unser natürlicher Lebensraum sein. Als Menschen gehören wir in den Fluss des Lebens, wie er in Gott entspringt. Ein Leben nach christlichen Grundsätzen würde viel Gutes schaffen.
Von daher herzliche Einladung, liebe Leserinnen und Leser, mal wieder einzutauchen in das lebenserhaltende und auch tragende Wasser des Glaubens! Gott braucht keine Überflieger, sondern einfach nur Menschen guten Willens. Jeder Gottesdienst, jedes Gebet, jede gute Tat hilft dabei, ein Mensch im eigentlichen Sinn zu werden. Das Fliegen dürfen wir guten Gewissens anderen überlassen.
Pfarrer Martin Schuler