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Impuls 2023-01-06

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Niedrigkeit und Herrlichkeit

Es gibt zwei Feiertage im evangelischen Kirchenjahr, mit denen ich mich schwertue:
Buß- und Bettag, wo die Niedrigkeit des gott-ebenbildlichen Menschen besonders deutlich erkennbar wird; und Epiphanias, wo die Herrlichkeit und Göttlichkeit des Menschen Jesus besonders hell erscheint.

In beiden Fällen geht es darum, das Verhältnis von Menschlichkeit und Göttlichkeit auszuloten. Eine große Herausforderung, finde ich. Denn eigentlich sind wir Menschen doch meistens stolz darauf, was wir alles können, mit unserem Verstand.

Der Buß- und Bettag widerspricht: Du machst ganz schön viel falsch, mit deinem Verstand, wann immer du dich vom Wort Gottes, von Gottes Willen entfernst, nicht im Geist Jesu lebst. Darum kehr um, erkenne und bekenne ehrlich deine Fehler, deine Unvollkommenheit und finde von neuem den Weg zu Gottes Herrlichkeit.

Diese Herrlichkeit Gottes kannst du gerade auch an Jesus erkennen, sagt Epiphanias:

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. (…)

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Johannes 1,1-2.14)

Ja, diese leuchtende Epiphanias-Botschaft widerspricht zunächst der Botschaft von Heilig Abend, wo die Menschlichkeit Gottes in Jesus gerühmt und gefeiert wurde: Schau, unser Gott wird einer von uns, wird ein Mensch, um uns besonders nahe zu kommen, um uns einzuladen, um uns zu erlösen, hieß es da.

Und doch ist es wichtig, dass dieser Mensch Jesus immer auch zugleich Gott bleibt, Gottes Herrlichkeit erkennen lässt, „voller Gnade und Wahrheit“. Denn wäre Jesus nur Mensch wie wir mit all unseren Fehlern, dann könnte er uns nicht erlösen.

Daran erinnert uns die Epiphaniaszeit, die heute beginnt: Bei aller Mit-menschlichkeit Jesu ist er gerade darin wahrer Mensch und wahrer Gott, dass ihm unsere Bosheiten und Sünden fehlen. Jesus ist, wenn man so will, der durch die göttliche Herrlichkeit erleuchtete Mensch, wie Gott ihn immer haben wollte und noch immer haben will.

Das ist dann auch der Sinn des göttlichen Lichts in Jesus: Dass wir Jesus als leuchtendes Vorbild und Ziel haben! So wie Jesus sollen auch wir werden, wahre Menschen, die diese Vollkommenheit aber immer nur von Gott her empfangen können, von seiner Herrlichkeit.

Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet. (…) Denen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Gottes Kinder zu werden.“ (Joh 1,9.12)
Dazu helfe uns Jesus!

Pfarrer Martin Schuler